«America First», Brexit und der Aufstieg Chinas zur globalen Wirtschaftsmacht: Für Schweizer Unternehmen entstehen neue Herausforderungen. Hohe Exportquoten und Direktinvestitionen im Ausland machen es lohnenswert, einen «Plan B» bereit zu halten.
Die Veränderungen durch Internet, IoT und 4. industrielle Revolution sind in vollem Gang. Viele Unternehmen arbeiten mit hohem personellen Einsatz und hohen Investitionen an der Nutzung der neuen Technologie. Die Technologie von IoT erlaubt die Entwicklung einer Vielzahl neuer Produkte, Prozesse, Dienstleistungen und wertschöpfender Use Cases. Neue Möglichkeiten der Supply Chain Optimierung mit der Technologie von Industry 4.0 helfen, die Kosten weiter zu senken und die Lieferbereitschaft «first time right in full» zu erhöhen, und sind mit hohen Investitionen verbunden.
Zu diesem disruptiven Prozess und zu den gerade in Umsetzung befindlichen Arbeiten kommt nun eine neue Herausforderung auf die Unternehmensführung zu durch die Störung der Welthandelsordnung mit neuem Protektionismus und neuen Hegemonialansprüchen an der Schwelle zu einer globalen geopolitischen Neuordnung. Diese Entwicklung trifft die Schweiz besonders stark, ist doch keine andere Volkswirtschaft so sehr mit dem Export verbunden wie die Schweiz. Dazu kommen bedeutende Direktinvestitionen der Schweizer Unternehmen im Ausland und damit verbunden bedeutende Risiken bei Restriktionen in den Zielmärkten.
Hohe Verflechtung der Schweizer Industrie mit dem Ausland
Gemäss der Eidgenössischen Zollverwaltung exportierte die Schweiz 2017 total für rund 295 Mrd. Fr. und importierte für rund 266 Mrd. Fr. Daraus resultierte ein Handelsbilanzüberschuss von 29 Mrd. Fr. Die Schweiz gehört als kleines Land zu den 20 grössten Exportländern weltweit. Die wichtigsten Export-Zielregionen der Schweizer Industrie sind Europa, Asien und Nordamerika. Über 90 Prozent aller Schweizer Exporte gelangen in eine dieser Regionen. Dabei sind Deutschland, die Vereinigten Staaten und China mit rund 15, 12 und 8 Prozent Anteil am Schweizer Aussenhandel die bedeutendsten Handelspartner.
Aus den Daten der Schweizerischen Nationalbank geht hervor, dass die Direktinvestitionen von Schweizer Unternehmen im Ausland in den letzten 10 Jahren sehr stark gestiegen sind. 2017 betrug der Bestand an Direktinvestitionen rund 1200 Mrd. Fr., beinahe das Doppelte unseres jährlichen Bruttosozialprodukts. Tochterfirmen von Schweizer Unternehmen beschäftigten über 2 Mio. Angestellte im Ausland.
Mit den Handelskriegen der Vereinigten Staaten und dem «America First» von Donald Trump, mit dem Brexit der Briten, mit der unentschlossenen Haltung von Europa zu seiner Position und zur Nutzung seiner Stärken und mit der Erstarkung und dem Aufstieg Chinas zur zweitgrössten Wirtschaftsnation der Welt haben sich die Bedingungen für das internationale Geschäft für viele Unternehmen sehr rasch verändert. Neue Risiken sind entstanden. Einzelne Exportmärkte sind zusammengebrochen, wie zum Beispiel Russland, andere wurden durch Sanktionen der Vereinigten Staaten blockiert, wie der Iran.
Neubeurteilung der Lage und bereithalten von «Plan B» am Beispiel China
Das Beispiel China illustriert, wie rasch sich die Bedingungen auf attraktiven Märkten verändern können. Das hohe Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre flacht ab und hat seinen Preis: Die nationale Verschuldung im öffentlichen und privaten Sektor ist auf rund 300 Prozent des Bruttosozialprodukts gestiegen. Mit Leerbeständen von regional bis zu 30 Prozent im Immobilienbereich droht die Implosion einer riesigen Immobilienblase. Die steigende Inflation und steigende Lebenshaltungskosten machen China zusehends teuer als Produktionsstandort. Der Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten wird sich negativ auswirken auf den heute hohen Handelsbilanzüberschuss. Es besteht ein hoher Druck zur Abwertung des Renminbi.
Zu den ökonomischen Verwerfungen, die zurzeit in China ablaufen, gesellt sich noch ein Linksrutsch in der politischen Führung Chinas, die den imperialen Traum Chinas offenbar mit einer Rückkehr zur Ideologie der zentralistischen Führung durch die Partei realisieren will. Es mehren sich Anzeichen eines zunehmenden Überwachungsstaates.
Zurzeit arbeiten wir mit unserem erfahrenen China-Team an diesen Themen und erkennen, dass es für Exporteure, aber besonders auch für Investoren, empfehlenswert ist, vor dem Hintergrund dieser Szenarien einen «Plan B» bereit zu halten, sei es für den Vertrieb in China oder für den Produktionsstandort China. Auf der Basis einer sorgfältigen Beurteilung und der laufenden Beobachtung der Entwicklung lohnt es sich, vorbehaltene Entschlüsse «if then» und allfällige Sofortmassnahmen für Vertrieb und Supply Chain bereit zu halten für den Fall einer Verschlechterung der Situation.
Diskussion und Erfahrungsaustausch am CGZ-Forum
Das CGZ-Forum ist dieses Jahr dem Thema Disruption auf den internationalen Märkten gewidmet. Mit Kunden und Freunden werden wir anhand der Beispiele China, Vereinigte Staaten und Europa an drei Anlässen über die erwarteten Entwicklungen und mögliche Massnahmen diskutieren.
Titelfoto: chuttersnap / Unsplash